Architekten-Planwerk
Dipl.Ing.Dipl.Naut. Ulrich Kopp
Jahnstraße 7
D-74653 Künzelsau
0049 (0)7940 547 569
›  Kontaktseite

Ursprünge der Moderne und denkbare neue Ansätze

Ursprünge der Moderne und denkbare neue AnsätzeHerr Kopp, in unserem Gespräch vom 20. September über die Schiffsbaumetapher ist auch der Begriff 'demokratische' Architektur gefallen, was verstehen Sie denn darunter?

Was demokratische Architektur zu sein hat, das habe ich zum ersten Mal von dem Professor Günter Behnisch gehört, der Ende der 70er Jahre Stirlings Siegerentwurf für die Neue Staatsgalerie in Stuttgart als faschistoid bezeichnet hatte. Damals ist mir klar geworden, daß die Zerstörung der alten Städte in Deutschland, ich meine die Zerstörung durch das Neue Bauen, nicht durch Kriegseinwirkungen, daß das System hatte. Rob Krier, der damals auch an der Stuttgarter Universität war, hat uns darüber aufgeklärt, daß 40 % der Stuttgarter Innenstadt im Krieg, aber 45 % nach dem Krieg durch Abbruch zerstört wurde.

Demokratische Architektur, wie sie der Professer Behnisch und die Gemeinde seiner Anhänger verstanden hat, beziehungsweise versteht, meint das heitere Bauen.
Individuell gestaltete Solitäre, die das vorhandene Umfeld ignorieren und die im Grunde keinen richtigen Städtebau mehr zulassen.

Aber bei allem Bedürfnis nach Heiterkeit hat man vergessen, vergessen wollen, daß allem Bauen von Alters her, auch eine metaphysische Dimension innewohnte. Und in unseren Häusern wird ja nicht nur diskutiert und gelacht, sondern es wird auch gelitten und gestorben. Wer sich ein wenig in der Baugeschichte auskennt, der weiß, daß die alten Häuser und die alten Städte und Dörfer auch dem Tod eine würdige Stätte waren. Das kann man von der Moderne nicht immer sagen.

Wollen sie damit sagen, daß die Seriösität im Bauen heute nicht mehr gegeben ist?

Das wäre vielleicht etwas zu krass ausgedrückt und träfe auch nicht den Kern der Sache. Obwohl wir heute so etwas wie 'Architektur-Clowns' kennen. Über das Wiener Büro Coop-Himmelblau habe ich beispielweise schon eine solche Bemerkung gelesen, das war aber noch in seiner 'wilden' Zeit. Aber daß man heute von der Würde und dem tiefen Ernst des Bauens nichts mehr hören will, das ist eine allbekannte Tatsache.

Daß etwas beim Ausbau, bzw. beim Wiederaufbau unserer Städte schiefgelaufen ist, das weiß man selbst in Intellektuellen-Kreisen, seit der Soziologe Mitscherlich, schon in den 60er Jahren, von der Unwirtlichkeit der Städte gesprochen hat. Die Masse der Bevölkerung verläßt doch heute in den Sommermonaten fluchtartig das Land, um zu Millionen die romantischen Städte des Südens aufzusuchen, zur Regeneration von der 'Unwirtlichkeit' und der Kälte der deutschen Städte. Wohlhabendere streben heute aber nach einem Landhaus in der Toskana, oder in der Province. Und so mancher Minimalist wurde privat schon in einem idyllischen Fachwerkhaus gesichtet.

Es ist wohl nicht zu überhören, daß Sie dem heutigen Mainstream in Architektur und Städtebau eher zurückhaltend gegenüberstehen. Was hat denn dagegen Ihre Vorstellungen von einem modernen Bauen geprägt? Sehen Sie womöglich Ansatzpunkte aus der klassischen Moderne, was man besser machen könnte und wo man anknüpfen könnte?

Durchaus, es gäbe zahlreiche Ansatzpunkte. Die Bauhäusler, auf die sich heute alles beruft, übrigens nicht immer zu recht, waren ja nicht die einzigen Protagonisten der Moderne. Vertreter eines neuen Stils gab es viele. Statt Gropius und Mies van der Rohe könnte man auch Scharoun oder Frank Lloyd Wright sagen. Und statt den Futuristen Sant Elia und Hilberseimer gab es Tony Garnier mit der Cité Industrielle, einem Konzept einer menschengerechten Symbiose zwischen Wohnen und Industrie. Es gab die Gartenstädte in England und Holland und auch in Deutschland. Hier haben, schon vor dem ersten Weltkrieg, Ebenezer Howard (der gar kein Architekt war), die Holländer de Klerk, Rietvelt und Oud, aber auch deutsche Architekten wie Hermann Muthesius, Tessenow, Häring und viele andere Bahnbrechendes geleistet. Da waren die Expressionisten wie Poelzig, Mendelsohn, die Brüder Taut und die Brüder Luckart, Hoeger und Hoetger. Es gab Max Berg mit der Jahrhunderthalle in Breslau, oder Matteè Trucco mit den Fiatwerken, mit einer Rennbahn auf dem Dach, beides frühe und richtungsweisende Beispiele des Funktionalismus und der Ingenieurarchitektur. Also man weiß wirklich nicht, wo man anfangen und wo man aufhören soll.

In den 30er Jahren erlebte die Welt den Auftritt der Architettura Razionale. Und mit ihr gelangte auch eine metaphysische Dimension in die Moderne. Ohne die ideologische Brille betrachtet, also rational, ist es ein Fakt, daß im wesentlichen die Rationalisten das moderne Bauen in Italien eingeführt haben, und das gegen eine massive Front der Traditionalisten und Monumentalisten. In einer Zeit, in der die römische Klassik eine zweite Renaissance, quasi eine moderne Variante des Quattrocento erlebte, haben die jungen Leute der Gruppo 7 um Guiseppe Terragni und andere, diese Ideen umgesetzt in die neue Form. Unter dem Vorbild von Gropius und den Bauhäuslern haben sie die Materialien Stahl, Glas und den Spannbeton radikal und kompromißlos eingesetzt. Sie vertraten den Gedanken des Typenhauses und der industriellen Vorfertigung, und der Ingenieurarchitekt, wie Nervi, wurde wieder zu einer Größe. Dies alles freilich unter einem anderen Vorzeichen. Auch die Rationalisten wollten den neuen Menschentyp, allerdings nicht den Typ aus der amorphen Masse.

War denn der Rationalismus ein rein italienisches Phänomen?

Nein, das kann man nicht sagen. Der Rationalismus war eine Zeiterscheinung auch in anderen Ländern. Zu den Rationalisten muß man auch deutsche Architekten rechnen. Gemessen an ihrem Oevre gehören Leute wie March, Fahrenkamp, Klotz, Rimpl und Sagebiel dazu. Aber auch die Schöpfer des sogenannten Autobahnwunders gehören hierher. Der Landschaftsarchitekt Seifert, der nach dem Krieg auch als Guru der Biogärtner bekannt wurde, Bonatz, Tamms und Schaechterle. Fritz Leonhard,der spätere 'Vater' der modernen Fernsehtürme und andere. Sie schufen das Prinzip der schwingenden Straße. Straßenbau mit der Topographie der Landschaft, revolutionäre Neuerungen im Brückenbau und den sogenannten Kunstbauten. Das hat es, in dieser Massierung, seit den Römern nicht mehr gegeben. Hier wurden die Grundlagen für die nächsten hundert Jahre gelegt.

Es würde zu kurz greifen und würde diesem Phänomen nicht gerecht, die Rationalisten einfach als faschistoid zu bezeichnen. Genaugenommen könnte man auch Leute wie Corbusier, Hilberseimer, Rudolf Steiner oder Matteè Trucco bei den Rationalisten einordnen, unter welchem Vorzeichen auch immer. Aber hier waren die Grenzen auch fließend.

Während diese Entwicklung in Deutschland nach dem Krieg abrupt abgebrochen ist, haben in Italien Architekten wie Nervi und Aldo Rossi, praktisch bis in unsere Tage hinein, bewiesen, daß der Rationalismus durchaus Wege der Moderne zeigen kann. In Ländern wie der USA, wo es praktisch nichts gibt, was es nicht gibt, gehört ein modifizierter Rationalismus von Anfang an zu den tragenden Ideen in der Architektur moderner Staatsbauten.

Wie war es möglich, daß in einer Zeit von vielleicht 15 Jahren derart unterschiedliche künstlerische Strömungen nebeneinander bestehen konnten?

Wir müssen diese Abläufe in einem historischen Rahmen sehen. Es gab ein Zeitfenster von vielleicht 50 Jahren, etwa um die vorletzte Jahrhundertwende bis in die 50er Jahre hinein. Da war allgemein ein ungeheures Potential an Künstlern und Architekten. Und wenn man die verschiedenen Strömungen des Jugendstils, quasi als Basis des Ganzen, dazuzählt, so war dies selbst weltgeschichtlich ein einmaliges Phänomen.

In diese Zeit fielen aber auch die beiden Weltkriege, die praktisch alles bisher Dagewesene in Frage stellten. Dadurch wurden alle gesellschaftlichen, gerade auch die kulturellen Aspekte politisiert, was natürlich auch zu Richtungskämpfen führte. Am künstlerisch fruchtbarsten für die Moderne waren wohl die 20er Jahre. Da wurde am härtesten gerungen und wurden die künstlerisch radikalsten Entschlüsse gefaßt.

Der Jugendstil als Basis der Moderne?

Ja, das kann man wohl so sagen. Wir dürfen ja nicht vergessen, daß der sogenannte Jugendstil, die erste eigenständige künstlerische Schöpfung in Europa und Amerika war, mit Ausnahme der Gotik, die nicht auf der griechisch-römischen Klassik beruhte. Es war der Stil der neuen Zeit. Praktisch zum ersten Mal haben sich Künstler in breitem Verbund bemüht, neue, der Zeit gemäße Formen zu schaffen. Diese Entwicklung wurde jäh vom ersten Weltkrieg unterbrochen. Nach dem Krieg hat sich aber diese Bewegung mit großer Gewalt erneut Bahn gebrochen, freilich in die verschiedensten Richtungen, und eine davon war eben auch das Bauhaus in Weimar, das ja aus dem Zusammenschluß der Kunsthochschule und der Kunstgewerbeschule entstand. Die letztere stand unter der Leitung von Henry van de Velde, der einer der ganz Großen des Jugendstils war. Aber auch Leute wie Behrens, Muthesius, Tessenow, Bestelmeyer und Riemerschmid und noch viele andere hatten zumindest ihre Wurzeln im Jugendstil.

In den 30er Jahren fand der Jugendstil eine großartige Entsprechung im sogenannten Art Deco, der jedoch keineswegs nur dekorativen Charakters war, sondern einen ganz eigenen modernen Baustil, vor allem in den USA, hervor-brachte.

Beide Stilrichtungen, Jugendstil wie Art Deco waren, selbst in der großen Zeit, Sonderleistungen der Architekturgeschichte. An sie nahtlos anknüpfen zu wollen, das wäre allerdings vermessen. Gleichwohl sehe ich durchaus Möglichkeiten, daß die funktionalistische Variante des Art Deco durchaus bis in unsere Zeit hinein wirken könnte. Es gab ja sowohl beim Jugendstil, wie beim Art Deco, neben einer opulenten dekorativen, jeweils zeitgleich daneben eine funktionalistische Spielart, die unserem heutigen Verständnis von Modernität jederzeit standhalten würde.

Aber das ist nicht das Problem. Das Problem ist, daß wir nicht mehr die Künstler haben, jedenfalls nicht in der erforderlichen Dichte und auch nicht die Handwerksbetriebe, die einen modernen Art Deco umsetzen könnten. Und natürlich ist es auch eine Frage des Zeitgeistes. Trotzdem bin ich sicher, daß ein modifizierter Art Deco eine Antwort auf die gestalterischen Fragen unserer Zeit geben könnte.

Und was ist aus dem Werkbund geworden, aus den Ideen des CIAM und der Charta von Athen? Gibt es überhaupt eine nennenswerte Beziehung zu diesen einstmals visionären Ansätzen?

Der Werkbund war ja ein Zusammenschluß von Künstlern, Fabrikanten, Technikern und Kaufleuten(!) - was ja an sich schon erwähnenswert ist - in Deutschland, mit dem Ziel, der guten Form auf allen Gebieten zum Durchbruch zu verhelfen. Mit seinem Namen, aber auch mit dem CIAM, dem internationalen Kongreß der modernen Architektur und seinem verfaßten Manifest, der Charta von Athen, verbanden sich die Namen der großen Meister der Zeit. Gleichzeitig aber auch die größten Umwälzungen im Bauen überhaupt.

Wenn Sie mich fragen, was von dem alles geblieben ist, so fällt mir spontan ein, daß man die heute überwiegend verbesserten Wohnbedingungen für die Masse der Bevölkerung in den Industrieländern des Nordens, zweifellos positiv sehen muß - Aber jetzt muß ich schon nachdenken.

Geblieben ist auch der freie Grundriß und die freie Baukörperform und der freie Gebäudeverband. Geblieben ist auch das Typenhaus, die industrielle Vorfertigung sowie der totale und unkontrollierte Einsatz der neuen Materialien, und die falsche Vorstellung des Anything Goes.

Und wie hat man das zu bewerten, kann man da eine Art Fazit ziehen?

Wie man diese Errungenschaften einzustufen hat, darüber wird wohl jeder seine eigene Meinung haben. Eines ist aber auch klar, vom künstlerischen Bauen ist heute praktisch 'auf dem flachen Land' nicht viel geblieben. Und die Idee, der guten Form in allen Bereichen, für jedermann zum Durchbruch zu verhelfen, muß man als gescheitert ansehen.

Der Wohnbau, einst eine der Hauptaufgaben der Architektenschaft, ist nahezu vollständig aufgegeben worden, und ebenso der Städtebau. Ein echter Städtebau findet heute nicht mehr statt. Die Kenntnis darüber, was das Wesen einer Stadt ausmacht, das scheint heute entweder vergessen oder uninteressant zu sein. Und die Schaffung von Wohnraum, das ist heute Sache des Immobilienhandels.

Die Zersiedelung des Landes durch unangemessene und gesichtslose Bausubstanz, welcher Nutzung auch immer und durch den maßlosen Flächenverbrauch, das wäre noch in den 50er Jahren, angesichts der ungeheuren Zerstörungen des Krieges, unvorstellbar gewesen. Aber die erbarmungswürdige Entwicklung auf dem besagten 'flachen Land', sie findet ja offiziell gar nicht statt, weil es dafür in der Öffentlichkeit kein Bewußtsein gibt.

Offiziell tröstet man sich darüber hinweg, daß dies unvermeidliche Erscheinungen unserer Zeit seien. Das sehe ich aber nicht so. Es gibt vergleichbare Länder und Regionen in Europa und anderswo, in denen es nicht so ist. Das macht mir Hoffnung.

Nach den harschen Worten provoziert dies natürlich die Frage, welche Länder und Regionen Sie damit meinen. Kann man das ein wenig konkretisieren?

Natürlich. Nehmen wir doch mal Ihr Land, die Schweiz. Die Schweiz gehört für mich zu den Ländern, die uns als Vorbild dienen können und von denen wir lernen sollten. Freilich hatte man bei Ihnen, wie auch in anderen Ländern Europas, nicht das Problem der flächendeckenden Kriegszerstörungen und auch nicht das gewaltige Flüchtlingsproblem wie in Deutschland, wo man gezwungen war, praktisch auf einen Schlag die doppelte Anzahl von Wohnraum und Industrie- und Gewerbebauten zu erstellen. Das war ja zweifellos ein beispielloser Gewaltakt. Und die vorhandenen Strukturen im Bauwesen, die waren da einfach überfordert.

Aber die gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, die war doch überall in Europa mehr oder weniger gleich. In der Schweiz ist man aber den Herausforderungen der Zeit anders begegnet. Bauen und vor allem die Auseinandersetzung mit dem traditionellen Bauen - nicht nur mit der Denkmalpflege - das ist in der Schweiz ein Anliegen der Bevölkerung. Das gilt auch für Länder wie Österreich und Holland, wo das Bauen und auch der Architektenstand einen ganz anderen Stellenwert haben als bei uns, einen überwiegend positiven nämlich. Das ist hauptsächlich das Ergebnis einer von langer Hand angelegten Bewußtseinsbildung, zu Deutsch: einer Erziehungsmaßnahme, mit der der Bevölkerung klar gemacht wurde, daß das Bauen nicht nur Sache einer geistreichen Elite ist und auch nicht nur Sache der Finanzwelt, sondern letzlich jeden angeht.

Natürlich hat auch jedes Land seine Besonderheiten. Beispielsweise baut man in Holland traditionell nach Erbbaurecht. Der städtische Boden blieb in öffentlicher Hand. Damit konnte die Kommune eine andere Planungshoheit ausüben als bei uns. Und der Bodenspekulation, eines der Hauptprobleme in den deutschen Städten, war im wahrsten Sinne des Wortes der Boden entzogen.

Und wie sieht's zum Beispiel aus in Frankreich und Italien?

In Ländern wie Italien, Frankreich oder Spanien, aber auch in England hat es sicher auch schlimme städtebaulichen Entgleisungen gegeben, in den großen Ballungsräumen oder in den Urlaubsgebieten. Aber als wir als Studenten mit dem Kajak den Tagliamento und die Loire hinunter fuhren, bis zur Adria und bis zum Atlantik, da haben wir noch in den 70er Jahren Ortschaften angetroffen, Dörfer aber auch kleine Städte, in denen seit mindestens 150 Jahren kein neues Haus gebaut wurde. Zumindest der Tagliamento war damals noch ungezügelt und an seinen Ufern sang nachts die Nachtigall. Das waren für mich ganz neue Erfahrungen, die mich bis heute nicht losgelassen haben. Besonders beeindruckt hat mich in diesen Ländern, daß die Menschen zu ihrer alten - sicher oftmals auch überwältigenden historischen - Bausubstanz eine ganz andere Beziehung haben als wir zu der unsrigen.

Wer schon einmal im Elsaß war und in Lothringen, der dürfte sich vermutlich gefragt haben, warum dort die einstmals deutschen mittelalterlichen Städte und Dörfer wie Colmar, Zabern, Schlettstadt, Rappoldsweiler und Hagenau und wie sie alle heißen, allesamt eine Augenweide sind, während jenseits des Rheins die ehemals gleichwertigen Ortschaften oft bis zur Unkenntlichkeit entstellt sind. Der tiefere Grund hierfür dürfte wohl darin liegen, daß die Menschen dort ihre historischen Städte und Dörfer und ihre alten Häuser lieben und stolz darauf sind. Und jede Veränderung daran ein Politikum bedeutet.

In solchen Ländern mit verhältnismäßig geringer Bevölkerungsdichte gibt es noch Rückzugsräume. Manche nennen diese Gebiete unterentwickelt. Man könnte aber auch sagen, daß dort die Welt noch in Ordnung ist. Daß man im übrigen sogenannte wirtschaftschwache Räume anders entwickeln kann als bei uns üblich, das hat man in Barcelona gezeigt, wo es seit der dortigen Olympiade eine außergewöhnliche Kulturinitiative gegeben hat. Dort hat man die Gelder aus den EU- und Olympiatöpfen, soweit es das Neue Bauen betrifft - diesesmal - in vorbildlicher Weise angelegt. Seither pilgert die Architektenfachwelt Europas nach Barcelona.

Wir können aber auch von den skandinavischen Ländern lernen, denn auch dort haben die Menschen eine ganz andere Beziehung zum Bauen und zur Umwelt als bei uns. Und das hat natürlich Auswirkungen gehabt. Gerade die Beispiele Holland und Österreich, aber auch die Schweiz zeigen, daß die Thematisierung des Bauens über Jahrzehnte hinweg Auswirkungen auf die Bevölkerung und auch in der realen Welt hat. Davon kann sich jeder selbst überzeugen. Daß die öffentliche Meinung, das heißt die Beziehung der Bevölkerung zum Bauen, auch bei uns eine Rolle spielt, das hat noch bisher jeder Besucher des Bundeslandes Bayern erfahren. Dort ist es den Menschen nämlich nicht gleichgültig, was mit ihrem Land geschieht, weil sie damit verbunden sind. Daher ist die Welt dort vielerorts noch in Ordnung.